Der Krise mit kühlem Kopf begegnen
Niederrhein, 02.09.2022
Seit drei Jahren haben sich die weltumspannenden Probleme dramatisch verschärft. Nach COVID-19 folgten weitere Attacken auf Mutter Erde und ihre Bewohner. Das bedroht die Menschheit elementar und kommt einer Götterdämmerung gefährlich nahe. Wie geht man als mittelständischer Unternehmer mit dem Katastrophen-Szenario um? 10 Fragen an Martin Alders.
Muss ein Unternehmer bei all den Krisen nicht kapitulieren?
Wir sind tatsächlich seit 2020 im verschärften Krisenmodus und haben eine Resilienz entwickelt. Mein Rezept ist Humor. Jeder der aufgezählten Problemherde kann einen Unternehmer zur Verzweiflung bringen. Aber wir müssen weitermachen und aus der Situation das Beste machen.
Wie geht Weitermachen bei dem Krisenmarathon?
Für uns als Unternehmen ist es wichtig, dass wir wachsam sind und die Stellschrauben an der richtigen Stelle drehen. Dazu gehört beispielsweise, dass wir unabhängig sind und weiter auf Wachstum setzen. Wir konnten den Umsatz in den vergangenen zwölf Monaten tatsächlich steigern – trotz Krisen und Weltuntergangsstimmung.
Wie erreicht man diese Unabhängigkeit?
Indem man sich wieder mehr auf die Produktion vor Ort konzentriert und auf Märkte setzt, die stabiler sind, zum Beispiel Nordamerika. Dadurch haben wir 90 Prozent Liefertreue erreicht. Wir und unsere Kunden sind bereit, dafür mehr zu bezahlen. Am Ende danken es unsere Kunden, indem wir zuverlässig sind. Außerdem haben wir unser Lager weiter ausgebaut, so dass wir Engpässe eine Zeit lang kompensieren können. Unsere große Photovoltaik-Anlage auf dem Firmendach hilft uns, unseren Strom weitgehend selbst zu produzieren.
Wie sieht’s in Zeiten von Fachkräftemangel mit Personal aus?
Auch hier befinden wir uns nicht in einem Tal der Tränen. Bislang konnten wir alle Stellen qualitativ sehr hochwertig besetzen. Und wir haben – wie in jeder guten Mannschaft – die zentralen Positionen doppelt besetzt, so dass mögliche Ausfälle ausgeglichen werden können. Natürlich muss man heutzutage auch etwas dafür tun, wenn man als Arbeitgeber attraktiv wahrgenommen werden will.
Wie halten Sie die Kunden bei Laune?
Service, Service, Service. Wir sagen selten: geht nicht. Wir suchen so lange nach Lösungen, bis der Kunde zufrieden ist. Persönlich, dynamisch, engagiert, termingerecht. Wer hier beim Personalaufwand spart, spart an der falschen Stelle.
Wie wichtig sind Rücklagen in dieser schwierigen Zeit?
Sehr wichtig. Ich glaube, wer in den vergangenen Jahren gute Geschäfte gemacht hat und nicht in sein Unternehmen investiert bzw. das Geld im Unternehmen belassen hat, der wird große Probleme bekommen.
Rechnen Sie im Zuge der Rezession mit einer Pleitewelle?
Ja, leider. Wie soll beispielsweise eine Ziegelei oder ein Backbetrieb die rasant gestiegenen Energiekosten auffangen? Bei ALDERS electronic sind wir gottlob nicht so extrem auf Gas und Strom angewiesen.
Wie sensibilisieren Sie Ihre Belegschaft?
Wir diskutieren drüber, jeder bringt Vorschläge ein, an welchen Enden wir sparen können: die Stehlampe bleibt aus, die Hände können auch kalt gewaschen werden, das zur Verfügung gestellte Dienstrad wird aktiviert, es werden keine Lebensmittel mehr weggeworfen, Pflanzen statt Asphalt im Firmengarten – und so weiter. Wir wollen als Unternehmer ein verändertes Konsumverhalten vorleben. Sparsamkeit und zurückhaltender Umgang mit Ressourcen sind das Gebot der Stunde.
Welchen Rat geben Sie Ihren Unternehmer-Kollegen mit?
Think global, act local. Das heißt, wieder mehr auf regional Produziertes zurückgreifen und sich aus der Abhängigkeit beispielsweise von Fernost befreien. Hier sehe ich die größte Gefahr, auch für unser Unternehmen. Selbst wenn wir wenig aus China bekommen, so laufen doch viele Vorprodukte die Schleife über Asien. Wenn wir also die lokale Wirtschaft stärken, hilft uns das allen.
Welche Krise ist die bedrohlichste?
Für einen Unternehmer das Energieproblem, ohne die anderen Krisenherde kleinreden zu wollen. Corona hat uns alle gleichermaßen getroffen, darauf haben wir gut reagiert. Aber wenn kein Strom oder kein Gas da ist, wird es zappenduster und Sie haben keine Chance. Hier ist natürlich die Weltgemeinschaft und unsere Regierung gefordert. Aber jeder Unternehmer sollte auch vor der eigenen Haustür kehren. Kleine Schritte sind wichtig!